Veranstaltungen

Deutsche "Indianertümelei": Geschichte, Probleme und Chancen

  Vortrag

19:00 Uhr

vhs-Zentrum Altes Rathaus, Raum 15

Teil der Reihe Indigene Nationen Nordamerikas: Perspektiven und Einblicke

Jahrhundertelang haben Menschen in Deutschland sich von „Indianern“ in Nordamerika Vorstellungen gemacht, die sich fast ohne Berührung mit Indigenen entwickelten und fortlaufend erhärteten. So entstand ein Stereotyp, welches bis heute mediale Darstellungen prägt und unsere Wahrnehmungsraster einengt.

Doch die „Deutsche Indianertümelei“ (German Indianthusiasm) zeitigte auch persönliche Begegnungen zwischen Native Americans und Deutschen, und viele Indigene entwickelten ihrerseits ein Verhältnis zu Deutschen in Ost und West, das von kultureller Neugier, persönlichen Bindungen sowie politischen und kommerziellen Interessen geprägt ist. Indigene künstlerische Reaktionen auf Deutsche Indianertümelei sind häufig von Ironie, Belustigung, oder Verärgerung geprägt, doch wird auch die Nische erkannt und genutzt, die unsere Indianertümelei ihnen bieten kann. So, wie Indigene Besucher:innen bei uns oft erst die „Mythen“ zerstören müssen, welche die Wahrnehmung ihrer Gastgeber:innen prägen, damit diese sie als Zeitgenoss:innen und nicht als stereotype „Indianer:innen“ wahrnehmen, so stehen auch am Anfang heutiger Bemühungen Native American Studies bzw. Indigenous Studies an Universitäten in Deutschland zu etablieren, zunächst die kritische Reflektion und der Abbau unserer kolonial geprägten Vorstellungen.

Referent: Prof. Dr. Hartmut Lutz wurde 1945 in Rendsburg, Schleswig-Holstein geboren und besuchte dort die Waldorfschule bis zum Abi 1965. Er betreute danach ein Jahr lang beeinträchtigte Kinder und Jugendliche in England und Schweden und studierte anschließend an der PH Kiel. Nach der Lehrerprüfung 1968 promovierte er 1973 in Tübingen in Anglistik, Amerikanistik und Pädagogik mit einer Arbeit über Psychoanalyse und Literatur, und er habilitierte 1983 an der Universität Osnabrück mit einem Werk über Indianervorstellungen in amerikanischer und deutscher Literatur und Kultur. Seine wissenschaftliche Karriere brachte ihn an die Universitäten Köln, Osnabrück, Greifswald und Szczecin (Polen) sowie als Gastprofessor an eine Reihe von Universitäten in Kanada, USA und dem europäischen Ausland. Neben der grundständigen Lehre in den englischsprachigen Literaturen Nordamerikas lagen seine Forschungsschwerpunkte in den Bereichen Frauen- und Minderheitenliteraturen und insbesondere in Indigenous Studies. Seit 1. April 2011 ist Prof. Lutz emeritiert. Im November 2021 wurde er für seine Pionierleistungen auf dem Gebiet Indigenous Literatures in Canada zum Fellow der Royal Society of Canada ernannt.

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