Die Präsidentschaft Herbert Hoovers war durch seine fehlgeleitete Wirtschaftspolitik geprägt, was auch das Ansehen seiner Frau beschädigte. Tatsächlich aber war Lou Hoover eine in vieler Hinsicht bemerkenswerte First Lady, die während ihrer Zeit im Weißen Haus ein durchaus selbständiges und richtungsweisendes Profil entwickelte. Sie beherrschte vier Fremdsprachen, erwarb als erste Amerikanerin einen Universitätsabschluss in Geologie und lebte jahrelang mit ihrem Mann im Ausland. Mit ihrer sportlichen, intellektuellen und sozialen Betätigung verkörperte sie den „modernen“ Frauentyp des neuen Jahrhunderts. In Washington popularisierte sie als Frau des Obersten „Food Administrators“ den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung und die Girl Scouts und galt in den 1920er Jahren als „führende Gastgeberin“ der Hauptstadt. Als kurz nach dem Amtsantritt ihres Mannes 1929 eine massive Wirtschaftskrise ausbrach, wurde soziales Engagement zu Lou Hoover Hauptaufgabe. Als erste First Lady nutzte sie das Radio für Ansprachen an die Nation und spendete im Verborgenen großzügig für die private Wohlfahrt. Dass Herbert Hoovers glücklose Regierung 1932 abgewählt wurde, verbitterte seine Frau, die nicht als populäre Präsidentengattin galt, auch wenn sie in vieler Hinsicht neue Wege ging.
Referentin: Dr. Anja Schüler, Heidelberg Center for American Studies
Um Anmeldung wird gebeten unter:
Es besteht die Möglichkeit, den Vorträgen auch über Zoom zu folgen:
https://us02web.zoom.us/j/82744523720
Meeting-ID: 827 4452 3720
Teil der Reihe: First Ladies
Die in den westlichen Demokratien wohl einzigartige Institution der First Lady an der Seite des Präsidenten beleuchtet in mehrerer Hinsicht die Rolle der Frau in der amerikanischen Gesellschaft: Selten ist es ihr gestattet, eigene Wege zu gehen, sie beschränkt sich weitgehend auf die Christmas Decoration, auf das Anlegen eines Gartens, die Organisation von Staatsdinners, ihre Kleider werden genauester Prüfung durch die Medien unterzogen, kleine Abweichungen von den akzeptierten gesellschaftlichen Regeln werden schon als „Botschaft“ interpretiert.
Nichtsdestoweniger konnten sich einige First Ladies aus diesen Erwartungen lösen und eine eigene Rolle finden.
Die Vorträge zu verschiedenen First Ladies erhellen die traditionellen kulturellen Erwartungen an amerikanische Frauen und zeigen, wie sich „Politikerfrauen“, viel mehr als in Deutschland zum Beispiel, dem politischen Ehrgeiz Ihrer Ehemänner gemäß den überkommenen gesellschaftlichen Vorgaben anzupassen haben, und wie es ihnen gelingt, sich aus engen Vorgaben zu lösen und eigene Projekte umzusetzen.